Mikhail Lylov
"Dividuum" Serie
2020
Auszug aus der Serie "Broken and Repaired"
Skulpturen, unbearbeitetes Holz
Variable Maße
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Die Geste des Pfropfens bezieht sich auf das Trennen und Wiederverbinden, das Zerbrechen und Reparieren, das Zusammensetzen von Dingen aus nicht zusammenpassenden Teilen, wie es beim Schreiben eines Textes, beim Schneiden eines Films, bei der Einwanderung in ein anderes Land, bei der Äußerung einer Meinungsverschiedenheit, beim Bedauern der Taten des vergangenen Selbst oder bei der Zusammenarbeit mit anderen Künstlern geschieht. Jeder solche Fall erfordert den Umgang mit einer Kontaktzone, in der sich die Grenzen der Dinge treffen. Die Kontaktzone zwischen einem Organismus und einem implantierten Organ, oder einem zitierten Fragment und einem Text, macht die Grenze eher zu einem ausgedehnten Raum der Vermittlung, als zu einer Linie der Abgrenzung. Wenn zum Beispiel eine Pflanze auf eine andere gepfropft wird, wird die Grenze zwischen Wurzelstock und Propfreis zu einem Ort des intensiven Austauschs biologischer Signale zwischen den beiden Individuen. Vielleicht wird der Begriff "Individuum" durch den Kontext der Transplantation selbst entkräftet, da es gerade die Bruchstücke und der Prozess der Zellteilung sind, die neue lebender Körper konstituieren. Da es sich um ein Produkt aus nicht zusammenpassenden Teilen handelt, die ständig ihre Unterschiede aushandeln, kann eine gepfropfte Lebensform besser als "Dividuum" bezeichnet werden.
Die Skulpturen in der Ausstellung repräsentieren eine rekursive Verwendung der Zitierbarkeit, die für das Pfropfen charakteristisch ist: aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgeschnitten, werden sie zunächst zusammen und später auf die anderen Kunstwerke im Times Art Center Berlin aufgepfropft.